Focus Money vom 30.01.2003 - Nr. 6, Seite 79
von Susanne Vieser, FOCUS-MONEY-Redakteurin
Beziehungen nutzen und Menschen per E-Mail verbinden: Das Internet vereinfacht aktives Netzwerken
Claudia Blümhuber, Vorstand von Globalfinance in München, knüpft im Internet eigene Netze. Die Finanzierungsberaterin diskutiert in E-Groups mit Investoren und Managern über Trends bei der Vergabe von Risikokapital und die Chance, Spin-offs damit zu finanzieren. So hält sie auch mit Kunden – Konzernen wie mittelständischen Unternehmen – und deren Geldgebern Kontakt. „Wir wissen alle in kurzer Zeit über die Fortschritte von Finanzierungsmöglichkeiten Bescheid“, erklärt Blümhuber. „Nach dem ersten persönlichen Kontakt lässt sich vieles per Mailing-Liste oder Instant Messenger klären.“
Die Unternehmerin spart sich durch die elektronische Post umständliche Terminabsprachen oder Treffen und profitiert trotzdem von den Vorteilen des internen Wissensaustauschs mit Kollegen und Partnern.
Virtuelle Beziehungspflege. Wie Blümhuber kann jeder im Internet eigene Diskussionsrunden gründen oder ehemalige Kollegen und Kommilitonen in einem persönlichen Beraternetz verknüpfen. Das bringt auch die Karriere voran. „Netzwerken ist ein Schlüssel zum Erfolg“, ist sich Monika Scheddin, Gründerin des Womans Business Club, sicher. „Und nirgendwo sonst kann ich so leicht Kontakte pflegen und Leute zusammenbringen wie im Internet.“
Technisch ist der virtuelle Klüngel mittlerweile leicht zu bewältigen. Service-Provider wie T-Online, GMX, Web.de oder AOL stellen die Software für die Integration von Chat-Rooms oder Foren in Homepages kostenlos zur Verfügung. Nur eine E-Mail-Adresse ist dagegen nötig, um mit Hilfe von Instant Messenger oder ICQ Client Beziehungen zu pflegen. Beide Programme sind kostenlos zu kopieren und ermöglichen Konferenzen mit mehreren Teilnehmern. Das Internet-Portal Yahoo oder der Dienstleister Domeus wiederum richten gebührenfrei E-Groups ein, durch die Mitglieder ihre E-Mails automatisch an alle anderen schicken (Angebote s. Kasten rechts).
Auch der Cyber Investment Club (CIC) trifft sich im Internet:
„Wir wohnen über Deutschland verstreut, persönliche Treffen sind selten
und schnelle Entscheidungen nur per Internet möglich“,
sagt Roland Dornhecker, Geschäftsführer des CIC.
Über die Homepage des Clubs treffen sich die 41 Mitglieder im Chat-Room
und diskutieren dort über Aktien.
Der Anlageausschuss entscheidet dann via E-Mail über Kauf und Verkauf.
Schnelle Lösungen. Bei Yahoo oder Domeus tauschen etwa Porsche-911-Liebhaber, Fans von Schalke 04 oder Manager ihr Wissen aus. „Welches Wirtschaftsbuch ist lesenswert, wo finde ich ein Ersatzteil für meinen Oldtimer oder einen Ansprechpartner für berufliche Probleme – solche Fragen lassen sich leichter über persönliche Beziehungen klären“, sagt Scheddin. Besonders schnell kommt die Antwort elektronisch. Beraterin Blümhuber etwa klärt per Instant Messaging mit Anwälten und ihren Partnern kurzfristige Fragen zu Verträgen oder neuer Technik. Auf schnelle Hilfe bauen auch die Absolventen der Lufthansa School of Business. Sie besprechen in ihren Foren Berufsprobleme: „Teilnehmer der Seminare vertiefen Wissen schneller, wenn sie es erklären“, nennt Thomas Mayer, Dozent des Lufthansa-Bildungsinstituts, einen weiteren Vorteil von Beziehungspflege.
Geschlossene Gesellschaft. Wer allerdings Vertrauliches in seiner virtuellen Clique thematisieren will, sollte ChatRäume, Foren oder E-Groups nur Menschen öffnen, die er persönlich kennt. Das beugt dem Missbrauch der Informationen, aber auch der unliebsamen Flut von Werbe-E-Mails vor. Die meisten Programme und Services lassen sich entsprechend einrichten.
Von vielen E-Mails lässt sich Beraterin Blümhuber nicht schrecken: „Ich bestimme, wann ich mich damit beschäftige“, sagt sie. „Wichtiges nehme ich zur Kenntnis, Notwendiges beantworte ich schnell – und Unnötiges klicke ich weg.“
Weitere Informationen unter www.aol.de, cic-club.de, domeus.de, globalfinance.de, gmx.de, icq.com, msn.de, t-online.de, yahoo.de/egroups, web.de
Cliquen im Netz
Gruppen organisieren
Bei Yahoo oder Domeus kann sich jeder seine eigene E-Group oder Mailing-Liste einrichten, für die sich danach Interessierte registrieren. In geschlossenen E-Groups ist das nur auf Einladung möglich. In E-Groups werden E-Mails eines Teilnehmers wie auch die Antworten darauf allen anderen zugeschickt. E-Groups ermöglichen eine zeitnahe, aber asynchrone Kommunikation und eignen sich deshalb für den losen Austausch von Karrierefragen oder fürs Hobby. Bei moderierten Mailing-Listen sortiert einer die Post und stellt sie zum festen Termin allen zur Verfügung.
Kommentar erbeten
In jede Homepage lässt sich ein Gästebuch oder Forum integrieren. Sie funktionieren wie ein schwarzes Brett. Besucher hinterlassen Botschaften. Im Gästebuch kann nur auf den letzten, im Forum auf jeden Eintrag geantwortet werden. So ermöglichen beide eine zeitnahe Kommunikation und eignen sich gut als Archiv von Informationen für Gleichgesinnte oder für länger angelegte Diskussionen eines Themas. Eigner der Homepage sind für den Inhalt des Forums verantwortlich und müssen illegale Inhalte sofort löschen.
Antworten erhalten
Über den Instant Messenger oder ICQ Client – die Provider haben dafür unterschiedliche Bezeichnungen – werden Informationen wie am Telefon in Echtzeit ausgetauscht. Der Kanal eignet sich daher für dringende Fragen zu Beruf oder Hobby. Nach dem Laden des Messenger werden die E-Mail-Adressen der Partner eingetragen. Sind sie online, zeigt der Messenger das im eigenen Fenster (Buddy-List). Die Diskussion beginnt.
Diskussionen führen
Ebenfalls in Echtzeit funktioniert der Chat-Room. Wer sich einloggt, meldet sich und diskutiert mit den anwesenden Chattern. Bei mehr als zehn Teilnehmern werden die Runden allerdings unübersichtlich. Wer eine Frage vertiefen will, kann sich mit einem Partner auch virtuell von der Gruppe separieren.
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